Einhundert Jahre Obst- und Gartenbauvereins Heidingsfeld

- gestern, heute und morgen -

Der Obst- und Gartenbauverein Heidingsfeld wurde am 27. Januar 1902 gegründet. Nachdem in einer landwirtschaftlichen Versammlung, im Kapitelshof am 15. Dezember 1901 nach einem Vortrag des Kgl. Landwirtschaftslehrers Alberts über "den rationellen Betrieb des Obstbaues in der Nähe größerer Städte" verschiedene Besucher dieser Versammlung sich zur Gründung eines Obstbauvereins Heidingsfeld verpflichtet hatten, berief Herr Bürgermeister Otto da hier auf Montag, den 27. Januar 1902 eine Versammlung hiesiger Obstbau- Interessenten in das Eckertsche Restaurant ein, um den in Aussicht stehenden Verein durch Beratung und Festsetzung von Statuten "Wirklich zu gründen". Nach Festsetzung der "Statuten" fand die Wahl der Ausschussmitglieder statt. Aus dieser Wahl ging hervor:

1. Vorstand Gutsbesitzer Michael Steinert, 2. Vorstand Stadtkämmerer Georg Ohlhaut, Schriftführer Lehrer Karl Schuler, Kassier Wagnermeister Karl Balling, Uhrmacher Rösch, als Beisitzer Zimmermeister Karl Balling, Ökonom Martin Hofmann und Kunstgärtner Johann Heinrich.

Schriftführer, Lehrer Schuler gab einen kurzen Überblick über die Vorteile der Vereinszugehörigkeit. Der Einberufer Herr Bürgermeister Otto schloss die Versammlung unter Empfang des allseitigen Dankes der Versammelten für deren aufopfernde Bemühungen zum Zustandekommen des Vereins diese erste Versammlung des Obstbauvereins Heidingsfeld.

Nach Michael Steinert wurde am 15. Januar 1904 Herr Oberlehrer Wanner zum 1. Vorstand gewählt. Am 21. August 1904 zählte der noch junge Verein bereits 76 Mitglieder. Auf einer Generalversammlung am 22. Februar 1926 wurde als 1. Vorstand Herr Oberlehrer Wanner erneut bestätigt. Vereinslokal war "Zum Dürrenberg" bei Mitglied und 2. Kassier Michael Hiller. Es wurde beschlossen jährlich eine Obstbaumverlosung durchzuführen. Für die Vereinsgründung waren damals hauptsächlich wirtschaftliche Gründe maßgebend. Es waren vor allem Landwirte, Winzer und Arbeiter die wegen jahrelangen Missernten im Weinbau sich durch Obsterzeugung und Vermarktung in der nahen Stadt ein Zubrot verdienen und den Eigenbedarf decken wollten. Da Südfrüchte einen teueren Luxus darstellten, konnten mit dem heimischen Obst respektable Preise erzielt werden. Weinberge wurden damals gerodet und mit Obsthochstämmen und Beerenobst bepflanzt. Zudem spielten der selbsterzeugte Apfelmost als Haustrunk und der Zwetschgenschnaps als "Medizin" eine wichtige Rolle. Schon damals bestand auch ein Trend zur Erzeugung von Qualitätsfrüchten. In den Hausgärten pflanzte man gerne Spalierbäume, die saubere und gleichmäßige Früchte brachten.

Von Beginn der Vereinstätigkeit an standen Fachvorträge, Besichtigungen von Baumschulen und Lehrfahrten auf dem Programm.

 Vereinsvorstände waren:

1902 - 1904        Gutsbesitzer Michael Steinert

1904 - 1933        Hauptlehrer Wanner

1933 - 1945        Gustav Baumann

1948 - 1950        Eduard Hofmann

1950 - 1966        Heinrich Müller

1966 - 1988        Hedwig Nülle

1988 - 1992        Erich Hofmann

1992 -  2012       Rudi Wohlfart

2012 -                  Heike Götz

In der Zeit des Dritten Reiches wurde der Verein unter die Aufsicht der Parteileitung gestellt.

Der verdiente Vereinsvorstand Gustav Baumann hieß von da ab "Führer" und musste allmonatlich dem Gauleiter über die Vereinstätigkeit Bericht erstatten. Der Vereinsbeitrag betrug in dieser Zeit 2 RM. Wenn man bedenkt, dass jedes Mitglied alljährlich einen Obstbaum gratis erhielt, so war die Mitgliedschaft noch ein Geschäft. Bis zum Beginn des 2. Weltkrieges im Jahre 1939 nahm die Mitgliederzahl ständig zu. Die Versammlungen fanden damals in der Gastwirtschaft Brehm und Hellert statt. Die Mitglieder wurden vom Verein mit Saatgut und Pflanzmaterial versorgt.

In den Kriegsjahren galt es die so genannte "Erzeugungsschlacht" zu gewinnen. Kartoffeln, Bohnen und Erbsen aus einen Anbau waren wegen der Nahrungsmittelrationierung eine wichtige Ernährungsquelle.

Vorstand Gustl Baumann verstand es während der Kriegs- und Nachkriegszeit durch seine guten Beziehungen immer wieder die Hätzfelder mit ausreichend Saatgut, Spritzmittel und Dünger zu versorgen. Auch in den dreißiger Jahren unternahm der Verein Tagesfahrten zu fachlich interessanten Zielen und Gartenschauen u.a. Besichtigungen von Obstanlagen in Erlabrunn, Margetshöchheim und Gerbrunn. Daneben fanden Sonntags öfter Lehrgänge in den Gärten von Mitgliedern statt, die sehr gut besucht waren.

Bis zum Jahr 1942 stieg die Mitgliederzahl auf 500 an. Nach der durch Krieg und Zusammenbruch bedingten Ruhepause wurde der Verein am 8. Januar 1948 mit 25 Mitglieder neu gegründet.

Gewählt wurden u.a. als 1. Vorstand Eduard Hofmann und als technischer Berater Gustl Baumann.

Von 1950 - 1966 leitete der erfahrene Fachmann Heinrich Müller den Verein. Ab Oktober 1966 führte die tatkräftige Frau Hedwig Nülle den Verein, bis sie nach 22jähriger Tätigkeit aus Altersgründen nicht mehr  kandidierte. In dieser Zeit stieg die Mitgliederzahl auf 250 Personen an. Von l988 bis 1992 übernahm Erich Hofmann als fachkundiger Gärtnermeister die Vereinsführung.

Seit seiner Wahl im Januar 1992 lenkt Vorstand Rudi Wohlfart die Geschicke des Vereins bis zum Januar 2012.

Im Jahr 1994 wurde im Feierlichen Rahmen unsere Vereinsfahne geweiht. Sie bildet seitdem das äußere Symbol der Zugehörigkeit und der Zusammengehörigkeit und begleitet uns bei vielen Anlässen, den freudigen wie auch den traurigen.

Der seit den Nachkriegsjahren anhaltende Aufschwung des Vereins hat sich bis heute fortgesetzt. Im letzten Jahrzehnt erhöhte sich die Mitgliederzahl weiter auf derzeit ca. 330 Mitglieder.

Seit Gründung des Vereins haben sich Zweck und Aufgaben erheblich gewandelt. Während noch in der Nachkriegszeit die Erzeugung von Obst- und Gemüse das Hauptziel waren, ist heute die Landespflege in den Vordergrund getreten.

Die Ziele sind in der neuen Satzung, die sich der Verein 1999 gab, formuliert:

„Der Verein bezweckt die Förderung des Obst- und Gartenbaues, der Landespflege und des Umweltschutzes zur Erhaltung einer schönen Kulturlandschaft und der menschlichen Gesundheit.  Der Verein fördert die Ortsverschönerung und dient damit der Verschönerung der Heimat, der Heimatpflege und somit der gesamten Landeskultur.“

Einen weiteren Höhepunkt der Vereinsgeschichte stellte das 100-jährige Vereinsjubiläum im Jahr 2002 dar.

Im Januar 2012 übernahm Frau Heike Götz als 1. Vorständin die Führung des Vereins.

Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle unserem ehemaligen Schriftführer und Ehrenmitglied Heinz Rehling aus dessen Vorarbeit diese Chronik entstand.